Zeitungsartikel – Mutter

Bote aus Mistelbach

Karola Zucker, geb. Österreicher, hat ihre Mutter als Kind in den Schloten Auschwitz’ verloren. Die längste Zeit ihres Lebens hatte sie kein Foto der Eltern, Hermine und Leopold Österreicher, bis sie die Mutter auf diesem Bild wiedererkannte.


Detailansicht – Hermine Österreicher, geb. Blau

Der folgende Artikel aus der Zeitschrift „Bote aus Mistelbach“ erzählt von einem Hobby der Mutter, als diese noch jung war. Er ist Einblick in die Normalität einer jungen jüdischen Laaerin zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das Bild muss in etwa zu dieser Zeit entstanden sein. Die Rechtschreibung im Artikel wurde der heutigen nicht angepasst. Karolas Reaktion auf den Brief finden Sie in einem ihrer Briefe: „Mit meiner Mamas Violinkonzert war meine erste Reaktion loszuheulen. Plötzlich habe mich an die Namen erinnert von denen meine Mama so viel geschwärmt hat, wie Musikdirektor Knoll (Er war eine Persönlichkeit.) – man hat für die Volksschule Höflein gespielt heute C.S.R., es war noch dazu ein edles Werk für Wohltätigkeits Zwecke u. heute brauche ich ein Visum um hinzukommen. 1906 ist nicht 1995, die paar Jährchen, fast 90 Jahre, haben viel verändert.“

27. Juli 1906, S. 6
Konzert. Sonntag dem 22. Juli d. J., um 4 Uhr nachmittags, fand im Garten des Herrn Julius Nekham zu Höflein a. d. Thaya ein Konzert der Institutszöglinge des Hrn. Musikdirektors Josef Knoll aus Laa an der Thaya statt. Es gelange folgendes Programm zum Vortrag: 1. Teil: 1. Potpourie aus der Oper: „Die lustigen Weiber“ von Windsor von Otto Nickolei für Streichinstrumente und Klavier. 2.“Deutsche Mahnung“ für Gesang und Klavier zu vier Händen. Klavierbegleitung vorgetragen von Hans Ivanzin und Herbert Schnabl. 3.“Des Knaben Schwur“ für Gesang und Klavier zu vier Händen. Klavierpart vorgetragen von Emilie Lego und Wilma Ungar. 4.Arie und Chor aus dem Oratorium „Die Jahreszeiten“ von Joseph Haydn. 5. „Hurrah, Parade is!“ von Ludwig Gruber. 2. Teil: 1. „Mai am Rhein“ von Ferd. Sabathil für Gesang, Klavier und zwei Violinen. Violinsolis ausgeführt durch Fräulein Hermine Blau und Ludwig Hlawatschik. 2. „Ave Maria“ von Franz Apt. 3.“D’Olmarin“ für Gesang und Klavier zu vier Händen, Klavierbegleitung von den Fräuleins Aurelie Scheiner und Theresie Schuster vorgetragen. 4.“Straßenkehrer und Würstelmann“ von R. Hauptmann 5.“Es kommt die liebe Großmama“. Gleich wie die letzten Ausführungen in Laa, war das in Höflein abgehaltene „Schülerkonzert“ in allen seinen Teilen geradezu ein ausgezeichnetes zu nennen. Sowohl was musikalische Leistung anbelangt, als auch in den präzisen Ausführung aller Bewegungen tritt klar zu Tage, daß Herr Knoll ein tüchtiger Meister ist. Aber er kann auch mit Recht stolz sein auf den Erfolg, den seine Zöglinge allerorts jederzeit errungen haben. Der ungeteilte reichliche Beifall der zahlreichen Zuhörerschaft war der beste Beweis, daß alt und jung vollauf befriedigt waren. Herr Knoll hat es verstanden, ein sehr gewähltes Programm zusammenzustellen, von dem eigentlich jede einzelne Nummer besonders hervorzuheben verdiente. Die Schüler und Schülerinnen entledigten sich bezüglich des Gesanges allesamt und sonders ihrer Aufgabe auf das Musterhafteste. Die Violin- und Klaviervorträge sind tadellos zu nennen und kamen meisterhaft zum Vortrag. Besonderen Beifall erntete die Arie und der Chor aus dem Oratorium „Die Jahreszeiten“ von Joseph Haydn und „Ave Maria“ von Franz Apt. Große Heiterkeit erregten die beiden humoristischen Gesangspiecen „Straßenkehrer und Würstelmann“ von R. Hauptmann und „Es kommt die liebe Großmama“, welch letztere Szene auf allseitigen Wunsch sogar wiederholt werden mußte. Herr Knoll versteht es eben meisterhaft nebst Ernst und Disziplin auch Humor und Frohsinn unter seine Zöglinge zu bringen und die selben jederzeit bei guter Laune zu halten. Mit endloser Geduld und vieler Mühe vollbringt er eines der edelsten Werke die Kleinen heranzubilden in Musik und Gesang um aus ihnen auch dereinst brave, brauchbare Menschen zu machen, mit verfeinertem Herzen und Gemüt. Das Erhebendste ist doch Musik und Gesang und es wäre nur zu wünschen, daß alle Eltern ihre Kinder einem so bewährten, tüchtigen Meister anvertrauen. Das Reinerträgnis dieses Schülerkonzertes wird zum Besten der Volksschule in Höflein verwendet. Bei allen seinen Aufführungen widmet Herr Knoll das Reinerträgnis einem wohltätigen Zwecke und es muß hier hervorgehoben werden, daß schon ganz namhafte Summen in dieser Weise von ihm gespendet wurden. Zum Schlusse des Schülerkonzertes hielt Herr Direktor Knoll in gediegenen kernigen Worten eine Ansprache, wobei er der Widmung für die Schule Höfleins gedachte und hervorhob, daß er jederzeit von dem Grundsatze ausgehe, daß eine tüchtige Schule mit tüchtigen Lehrern die Grundlage und die Stütze eines geordneten Staatswesens sei. Tüchtig gebildete Männer werden Tüchtiges zu leisten im Stande sein. Er schloß seine Ausführungen mit einem Hoch auf die Lehrerschaft. Der anwesende Herr Oberlehrer der Volksschule in Höflein dankte im Namen der Lehrerschaft und der Schule und schließlich ermahnte noch Herr Knoll seine Zöglinge jederzeit eingedenk zu sein der guten Ermahnungen ihrer Lehrer. Er betonte, daß die Zöglinge es seine, welche so auf diese Weise mithelfen, ein edles Werk zu fördern. Unter dem nicht enden wollenden Beifall der Zuhörerschaft wurde sodann diese schöne Feier geschlossen. Wir aber rufen dem Herrn Musikdirektor Knoll zu: möge es Ihnen gegönnt sein noch eine Reihe von Jahren zu wirken in diesem hehren Berufe zur Freude und zum Wohle aller Ihrer Schüler. Möge es Ihnen aber auch vergönnt sein Ihren Lebensabend dereinst verschönert zu sehen durch die Früchte, welche Ihr edles Werk zeitigen wird. Das ist der Wunsch aller edel denkenden Menschen. – Der Geldeingang betrug 74 K 70 h, welcher nach Abzug der Auslagen zum Besten der Volksschule in Höflein verwendet wird.