Rede von Kitty S.
Werte Laaerinnen und Laaer, liebe Gäste aus nah und fern!
Ich bin Kitty S., geb. Drill. Ich lebe mit meiner Familie in Wien. Mein Cousin Peter Drill und ich sind Nachkommen einer jener Familien, die hier am Erinnerungsmal angegeben wurden. Mein Großvater, mein Vater und mein Onkel betrieben vor 1938 einen Frucht- und Pferdehandel hier in Laa und waren im Umkreis als „die Drüll Juden“ bekannt.
Ich habe die ersten 4 Jahre meines Lebens in Laa verbracht. Meine Mutter hat 1934 von Wien nach Laa geheiratet. Wir wohnten in der Mittelgasse; das Haus steht noch. Damals war es eine Sensation, dass das junge Paar, meine Eltern, ein mit Holz beheiztes Wannenbad besaß und die Verwandtschaft ist immer baden gekommen. Das Geschäftshaus und die Stallungen waren am Hauptplatz, dort steht heute ein neues Haus. Sonntags stand meine Großmutter beim Fenster und tratschte mit den Passanten. Ihre Nichte Erna Hauser kam vorbei und fragte „Tant Gisela was machst heut Nachmittag?“ und meine Oma sagte „no beim Fenster rausschauen“ und Erna sagte „I kum a“.
1938 mussten wir und all die anderen, die hier angegeben sind, weg. Wir verstreuten uns in aller Welt oder endeten im KZ. Jede Familie hat ihre Geschichte. Wir, die Drills, kamen 1947 zurück. Mein Vater und mein Onkel begannen in Laa wieder einen Pferdehandel. Wir wohnten in Wien und jeder der beiden Brüder verbrachte die halbe Woche in Laa. Der Stall befand sich im Hof des Gasthauses Stimsohn, dort wo heute das Cafe Moser ist. Mein Cousin Peter, Jahrgang 1950, fuhr in seiner Vorschulzeit die halbe Woche mit Mama und Papa nach Laa. Das sind schöne Kindheitserinnerungen für ihn. Ich kam nur selten mit und konnte dem Ort nicht viel abgewinnen. Wenn ich in den 50er Jahren ins Salzkammergut oder nach Italien auf Urlaub fuhr, meinte mein Vater immer „Was fahrst soweit weg, bleib do, in Laa ist’s a schön!“ Anfang der 60er Jahre haben die Brüder Drill das Geschäft in Laa aufgegeben. Nutzpferde waren nicht mehr gefragt, die Traktoren haben sie ersetzt. Unsere überlebenden Verwandten Erna Hauser, die nach England emigrierte, und die Geschwister Herta und Hilda Drill aus Australien haben Laa bei Österreichaufenthalten gern besucht. Sie wären stolz, heute hier zu sein.
Durch den Kontakt und das Interesse der Lena Müllner und ihrer Familie bin ich Laa und der jüdischen Geschichte von Laa wieder näher gekommen.
Ich danke Euch, liebe Müllners, für Euer ehrliches und liebevolles Interesse an diesem Teil der Geschichte dieser Stadt. Eure unermüdliche Arbeit hat heute einen Höhepunkt erreicht. Unsere Grosseltern- und Elterngeneration wurden vom damaligen Naziregime vertrieben, wir, die Kinder und Enkel, sind aus allen Weltrichtungen gekommen, um mit Euch und den Bewohnern dieser Stadt dieses würdige Fest zu feiern. Wir sind hier, weil – wie mein Vater schon sagte- „ in Laa is a schön“.