Die Synagoge von Laa an der Thaya
Schon im Mittelalter hat es in Laa an der Thaya eine jüdische Gemeinde gegeben. Sei es nach den mittelalterlichen Pogromen oder nach der Vertreibung im 17. Jahrhundert, immer wieder formierte sich eine jüdische Gemeinde, immer wieder fand man einen Ort des Gebets in Laa. Der erste Gebetsraum, der durch Zeugenaussagen belegt ist, befand sich in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts in der Kirchengasse (Brief von Edith Fischbach, 6. 1. 1994). Man kann davon ausgehen, dass es sich wie in anderen Orten der Gegend (z.B. Poysdorf) um ein jüdisches Privathaus handelte, das einen Raum besaß, der groß genug war, um den Betenden Platz zu bieten. Die Synagoge von Laa an der Thaya, die bis 1938 existierte, befand sich im Haus mit der Adresse Burgplatz 1.
Eigentlich ist es nicht ganz richtig, von einer Synagoge zu sprechen, da es sich nicht um ein freistehendes Haus handelte, das nur dem Gebet diente. Der obere Stock des Gebäudes war zwar durch einen gesonderten Eingang zu betreten, im Erdgeschoß befand sich allerdings immer ein Restaurant, das mit der jüdischen Gemeinde nichts zu tun hatte. Hier auf die Bezeichnung „Betsaal“ zu bestehen, wäre jedoch Haarspalterei. Die Mitglieder der Gemeinde und nicht-jüdische Bewohner der Stadt haben sie als die Synagoge des Ortes angesehen.
Hier sehen Sie den ehemaligen Eingang zur Synagoge. Direkt dahinter liegt ein Treppenhaus, das in den ersten Stock führt. Das Bild wurde im Oktober 2008 aufgenommen.
Bemerkenswert sind die Fassadenteile unter den Fenstern. Ob bei der Auswahl der 7-blättrigen Pflanze bereits bekannt war, dass hier die Synagoge sein würde, oder ob die Übereinstimmung mit der Zahl der Stämme Israels nur zufällig übereinstimmt, lässt sich heute nicht mehr klären. Das Foto stammt ebenfalls vom Oktober 2008.
Ich möchte einige ehemalige jüdische Laaer zitieren, um Ihnen ein Bild vom damaligen Inneren und dem Gebet zu vermitteln. (Umfangreiche Informationen über die jüdischen Familien der Stadt finden Sie in meinem Artikel, der in der Zeitung David über Laa erschienen ist.)
„Die Synagoge war ganz spartanisch, nur hellbraune Bänke in der Reihe, vorne ein Vorhang und dahinter die heiligen Thorarollen, aus denen man den Feiertagen gemäß vorlas. Auf einer Erhöhung nach dem Vorhang der Platz des Vorbeters. Weiter hinten ein abgeteilter Raum für Frauen.
In unserer Zeit sah ich nur Christen in der Synagoge, die Licht an- und ausschalteten und den Raum in Ordnung hielten, sonst keine Besucher.“
(Brief von Karola Zucker, 27. 10. 1992)
„Christen war es erlaubt, die Synagoge zu besuchen. Ich kann mich nicht erinnern, daß wir jemals solche Besuche hatten. Ich selbst besuchte mehrmals die Kirche – Hochzeiten, Begräbnisse von Freunden.
Ich habe bereits geschrieben, daß unsere Synagoge nur im 1. Stock war. Die Einrichtung war ganz bescheiden. Bänke, so ähnlich wie Schulpulte, wo man die Gebetbücher hineingeben kann. Über dem Altar, den wir Bimah nennen, waren die 10 Gebote.
Die Miete wurde von den Mitgliedern und auch teils von der Kultusgemeinde Wien bezahlt, so auch der Gehalt unseres Vorbeters.“
(Brief von Hilda White, 27. 10. 1992)
„Die Gottesdienste fanden meistens statt:
1) an den hohen Feiertagen, wie man es in unserem Glauben versteht
2) Freitag abends
3) Samstag früh
4) wenn jemand Jahrzeit hatte, d. h. Jahrestag eines Ablebenden
5) wenn ein Junge 13 Jahre alt wurde = Bar-Mizvah
Zu meiner Zeit gab Herr Fischhof auch Religionsunterricht und war Vorbeter, Rabbiner und führte auch das Schlachten von Geflügel durch.“
(Brief von Ernst Neumann, 27. 2. 1994)
Eine Laaerin, die ihr ganzes Leben in direkter Nähe der Synagoge gewohnt hat, erzählte mir in einem Interview, dass an heißen Sommertagen die Balkontüre der Synagoge geöffnet war, so dass die Gebete und Gesänge des Rabbiners und der Gemeinde über den Platz hinweg zu hören waren. Sie beschrieb es als etwas Vertrautes, das Teil ihrer Kindheit war. Ich denke, es ist an dieser Stelle wichtig, auch wieder zu erwähnen, dass die Synagoge ebenso wie die jüdische Gemeinde ein tief verwurzelter Teil von Laa an der Thaya war.
Folgende Bilder, deren Originale sich in Privatbesitz befinden, zeigen die Synagoge, als sie noch als solche genutzt wurde.
Was 1938 mit der Synagoge geschehen ist, ließ sich bisher nicht klären. Es ist denkbar, dass die Einrichtung entweder zerstört wurde oder möglicherweise später auch über Umwege nach Prag gelangte, wo die Nazis ein „Museum einer ausgerotteten Rasse“ entstehen lassen wollten.
Nach dem Krieg wurde das Obergeschoss des Hauses in Wohnungen umgebaut. Als sich dort ein Gymnasiallehrer einmietete, bekam er auch prompt den Spitznamen „Tempelprofessor“.
Die Zeit verging, das Haus verfiel, der Verputz bröckelte ab, niemand wohnte mehr darin. Die Besitzer wechselten immer wieder. Was sich als im ersten Moment wohl als Bauplatz in Toplage darstellte, wurde bald ein Projekt, das zu teuer für eine Renovierung wurde, da die Fassade denkmalgeschützt ist. In diese Zeit geht die Entdeckung der Sammelbüchse zurück.
Ich habe in dieser Zeit ein paar Fotos gemacht, die den Zustand des Gebäudes erahnen lassen.
So sah das Gebäude in den frühen 90er Jahren von außen aus:
Eingangstür zum Stiegenhaus, das zur Synagoge im ersten Stock führte und Fenster im 1. Stock in den 90ern:
Die Farbe der Zimmer im ersten Stock war damals so abgebröckelt, dass sie Teile der ursprünglichen Wandgestaltung freigab. Hier sehen Sie zwei Bilder von der Decke des ehemaligen Gebetsraums:
Dieses Bild zeigt eine Zierleiste, die auf etwa einem Meter Höhe aufgemalt war und waagrecht verlief.
Letztendlich kam die Synagoge in eine private Hand, die die Renovierung finanzieren konnte. Seither erstrahlt das Gebäude wieder in altem Glanz, im Erdgeschoß war im Jahr 2008 wieder ein Wirtshaus untergebracht:
Heute ist das obere Stockwerk des Hauses eine Privatwohnung und somit nicht mehr öffentlich zugänglich. Trotzdem muss man froh sein, dass das Gebäude nicht weiter verfallen ist. Derzeit (Sommer 2016) befindet sich eine Tischlerei im Erdgeschoss: