Briefe Kurt Maneles

Briefe Kurt Maneles

„Meinem lieben Onkel zum Andenken. Kurti. Sept.1944“ – Widmung für seinen Onkel Gustav Maneles auf der Bildrückseite

12. September 1993

Sehr geehrtes Frln. Magdalena!
Habe Ihren sehr interessanten Brief bekommen und muss mich entschuldigen, dass ich bis heute nicht geschrieben habe. Ich bin in Laa / Thaya am 3. Oktober 1919 geboren und ging da in die Volksschule. Später war ich im Realgymnasium wo auch Sie gehen. Wir waren vier Geschwister von denen ein Bruder einjährig verstorben ist. Er liegt in Mistelbach am jüdischen Friedhof begraben. Sein Name war Erich. Ich blieb dann mit zwei jüngeren Schwestern übrig. Eine Schwester [Gerda] kam nach Theresienstadt wo sie in 1943 vergast wurde. Das heißt sie wurde in Auschwitz umgebracht. Wohin sie von Theresienstadt nach zu gebracht wurde. Ich hatte das Glück mich nach Palästina zu retten, wo ich freiwillig zum Militär ging, nach dem Kriege ging mein Battalion Soldaten als Besatzung nach Belgien wo ich meine Frau kennen lernte. Meine Familie und ich sind hier sehr zufrieden und würden nicht daran denken nach Laa zurück zu kehren. Da ich sehr schlecht schreibe schlage ich vor, dass wir uns telefonisch verständigen. Ich möchte Sie aber auch anrufen und deshalb ersuche ich Sie mir Ihre Telefonnummer zu schreiben.
Mit besten Grüßen Ihr
Kurt Maneles

Antwerpen 25. Nov. 93

Liebes Frln. Magdalena!
Vielen Dank für Ihren langen Brief.
Auch mein Brief hat sehr lange auf sich lassen warten.
Das „Jüdische Echo“ habe ich dankend erhalten. Ihren Artikel haben wir alle sehr gut gefunden. Das „Jüdische Echo“ behalte ich natürlich gerne, und bedanke mich bestens dafür. Ich war inzwischen bei meinem Verwandten Naman in Tel-Aviv. Übrigens sein Name war früher Neuman. Er hat mir Ihre Briefe gezeigt und habe diese gelesen.
Der Rabbiner von Laa war vor dem Krieg natürlich nur ein Vorbeter. Sein Name war Fischhof. Zurückkommend auf das Grab in Mistelbach meines Bruders Erich, er hat kein eigenes Grab und ist bei meinem Großvater Philip Hahn beigesetzt. Sein Name (meines Bruders) kommt auf dem Stein nicht vor.
Nun zu den Fragen: Mein Vater ist in Wultendorf bei Laa geboren. Als Kind mit seinen Eltern nach Laa übersiedelt. Soviel ich weiß, hatte ich keine Verwandte in Nikolsburg. Wir wurden nicht religiös erzogen. Der Shabbat wurde nicht gehalten, da meine Eltern ihre Geschäft offen halten mussten. Am Samstag ist nämlich Wochenmarkt in Laa und kamen dann die Bauern ihr Getreide verkaufen. Mein Vater war Getreidehändler.
Mein Familienstammbaum ist leicht gemacht! Mütterlicher Seite war meine Großmutter Betti Hahn, geborene Pollak. Ihr Mann, mein Großvater, war Philip Hahn. Mein Großvater Jakob Maneles, seine Frau hieß Betti Maneles, geborene Reis. Mit Abeles sind wir nicht verwandt. Wir bekamen von Herrn Fischhof jüdischen Unterricht, lernten etwas hebräisch und auch Verschiedenes aus dem alten Testament. Jiddisch war unter den Juden nicht gerne gehört. Es gab in Laa natürlich genügend Antisemiten, jedoch wurden wir immer gerecht behandelt. Die Einstellung der Juden zum Zionismus war kaum vorhanden. Weiters gab es keine jüdischen Vereine in Laa. Mit dem katholischen Pfarrern gab es meines Wissens keinen Kontakt.
Ich habe Sie gestern angerufen und hätte nie geglaubt, dass ich noch mit Laa telefonieren werde. Ich danke Ihnen noch für die Fotografien von beiden Friedhöfen und schließe meine Brief mit den besten Grüßen an Sie und Ihre Eltern, sowie an Ihre Schwester Ihr
Kurt Maneles