Briefe von Eric Bowes, Erika Maneles’ Mann
Erika Maneles ist ein Jahr, nachdem ich geboren wurde, gestorben. Die Briefe ihres Ehemannes erinnern an sie.
November 14, 1995
Sehr verehrte Ms. Müllner,
auf Ihre Anzeige im Aufbau Oct 10, 1995 möchte ich Ihren mitteilen, dass meine verstorbene Frau, Erika Maneles / Bowes, geboren in Laa a/d Thaya November 24, 1925 – gestorben Januar 23, 1976 in New Jersey – Ihnen vielleicht bekannt war. Wir waren beide zusammen in den 1960’er Jahren in Laa zum Besuch. Sie ist nach schwerer Krankheit an Krebs gestorben.
Ihr Bruder, Kurt Maneles, lebt in Belgien. Dr. Otto Weinmann lebt in Wien, wo ich ihn im Mai besuchte. Ich glaube die Weinmanns kommen von Poysdorf. Da waren einige Weinmann Gräber im jüdischen Friedhof in Poysdorf oder Mistelbach. Herr Moritz Maneles ist begraben in Wien am Central Friedhof. Frau Maneles ist begraben in Haifa, Israel. Gerda ist in Auschwitz ermordet worden.
Unser Sohn und Enkelkinder wohnen in New Jersey, nahe von New York.
Sind die früheren Maneles Häuser noch da?
Ich war dieses Jahr schon 2 Mal in Europa und werde vielleicht im Februar oder April wieder rüber fahren. Ich baue auf die Große Synagoge und Friedhof in Breslau (Wroclaw, Polen).
Sollten Sie etwas Weiteres wissen wollen können Sie mir schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Eric Franklin Bowes
November 29, 1995
Gnädiges Fräulein Müllner,
vielen Dank für Ihren Brief und Beilagen. Sehr interessant einmal zu hören was wirklich die Wahrheit ist in Laa.
Erika hat mir schon vor Jahren erzählt von dem Hass der Laaer Menschen vor den 30er Jahren. Herr Maneles, mein Schwiegervater hat es auch immer gesagt, dass die Leute dort herzlos waren. Als wir in den mittleren 60’ Jahren dort waren konnte man es schon an den Gesichtern sehen. Es war ein Peinliches – Ah du siehst ja so gut aus, wo warst du die ganze Zeit. Der Friedhof war damals schon ganz verschert. Einige von den Frauen sind ins Kaffee gekommen mit uns, aber die meisten haben sich nicht sehen lassen wollen. Erika war damals froh aus Laa wegzugehen, überhaupt aus Österreich.
Wir haben Moritz Maneles einige Male besucht bis kurz vor seinem Tode, aber nie wieder nach Laa gefahren. Ernst Maneles ist Erikas Cousin. Edith Bloch-Fischbach sind auch Verwandte. Wir besuchten die damals noch ältere Frau Fischbach in Venezuela und auch ihre 2 Söhne. Einer war in Versicherung. Ist sie denn noch am Leben?
Ich sprach mit Kurt und seiner Frau Goldi vorige Woche. War dort im Mai auf meinem Weg nach Hamburg und Breslau (Wroclaw) wo ich die Synagoge und den Friedhof mit 12,000 Gräbern wieder aufbauen werde. Hoffe dieses Jahr noch das jüdische Eigentum wieder für die Gemeinde zurück zu bekommen. Während des Krieges war Erika in der britischen Armee, in der A.T.S. als Tank Führer. Wir trafen uns in der Armee. Unser Sohn ist nun fast 50 Jahre, jetzt in New York, als Vize Präsident für Computer und Management einer Perfume Firma.
Unser Enkelsohn wird nächstes Jahr von Cornell Universität als Ingenieur graduieren und unsere Enkeltochter ist im ersten Jahr auf der Universität Michigan. Unser Sohn hat ein Master Diploma in Computer Wissenschaft und Ökonomie und die Schwiegertochter ein Master Diploma in Kunst.
Ich selbst war als Offizier beim englischen Heer mit Sondertruppen hinter deutschen Linien auf Sabotage. Unsere Gruppe, alles frühere Deutsche und Österreicher, 32, sind sehr bekannt als „Twelve Force“ in der Special Operation Executive (SOE) die für Churchill gearbeitet hat. Wir waren verantwortlich den SS Obergruppenführer Oswald Pohl zu schnappen, der größte Nazi in Österreich. Wir verloren nur einen Mann, Michael O’Hara (Berliner aus Wien) der von Gestapo Kommissar Herz auf der SS Waffen Kaserne in Wetzelsdorf in 1945 ermordet wurde. Wir haben dafür gesorgt dass Herz nicht mehr lebt. Auch ein anderer Wiener, Otto Kaminisi, rettete viele alliierte Flieger in den Alpen. Die Überlebenden treffen sich noch heute ein Mal im Jahr in London.
Gerda heiratete einen Mann in Theresienstadt. Als sie schwanger war und man hat herausgefunden wurde sie nach Auschwitz transportiert und ermordet. Der Mann überlebte und war in Australien. Frau Maneles, Frieda, starb auf dem Schiff Patria im Hafen von Haifa als es unterging. Herr Moritz Maneles war gerettet und kam später nach Wien zurück wo er starb. Galitzinstasse 38, Wien 16.
Vorige Woche hatten wir ein „Kindertransport“ Treffen hier in Fort Lauderdale. Ein Sprecher war christlich, der Engländer Mr. Nicholas B. Winton M.B.E.. Er zeigte mir eine Liste wo Erikas Name drauf war mit Adresse wo sie hinging als 12 jähriges Mädchen in Liverpool. Der Mann hat sie damals gerettet.
1. Erika kam fast mit dem letzten Transport nach England. Dort ging sie zu einer Frau nur für ein paar Monate, nahe Liverpool. Danach und bis zu unserer Hochzeit unterbrochen beim Dienst in der Britischen Armee wohnte sie mit christlichen Engländern, Name Shaw in Hinckley, Leicestershire. Die Besten von Menschen. Eine Tochter von Shaw lebte noch und ich besuche sie und andere Freunde jedes Jahr wenn ich in England bin im April. Auch noch ihre Schulfreunde in Nuneaton, eine Stadt nicht weit weg. Da kann man reden von Menschen. Die Leute nahmen fremde Kinder in ihre Haus, manche aus anderer Religion und behandelten die Kinder wie ihre eigenen. 10,000 Kinder sind von England zwischen 1938/1939 gerettet worden, so wie ich selbst.
2. Manche hatten sie wieder erkannt. Andere wollten nicht nahe kommen.
Ich werde im April in England sein aber weitere Pläne weiß ich nicht. Im Mai muss ich in New York sein und dann fahre für Juni nach Singapore, Hongkong, Bangkok und Vietnam, nach Australien zu meiner Cousine und wieder nach Hause.
Ich wünsche Ihnen ein fröhliches X-Mas und gesundes, gutes Neues Jahr. Möge G-tt es hören. Shalom.
Eric F. Bowes